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Eine Kunstkommission - Modell für Düsseldorf?


"Eine Kunstkommission - Modell für Düsseldorf?"


Diskussion mit Markus Ambach, Künstler, Düsseldorf
Gisela Johanne Fuchs, Vorsitzende Kunstbeirat, Düsseldorf
Hans Heinrich Grosse- Brockhoff, Kulturdezernent, Düsseldorf
Dr. Rita Kersting, Kunstverein, Düsseldorf
Dr. Heinz Schütz, Kunstkommission, München
Moderation: Bogomir Ecker

Eine Zusammenfassung

Zu Beginn der Diskussion fasst Bogomir Ecker die Referate und die lebhafte Diskussion mit dem Publikum vom Tage zusammen. Besonderer Wert wird auf die Feststellung gelegt, dass anhand der Ausführungen des Tages klar wird, dass im Bezug auf die strukturelle Organisation von öffentlicher Kunst dringender Handlungsbedarf besteht, da bisher als Faktor nur Wahllosigkeit und unzusammenhängende Einzelaktionen auszumachen sind. Er dankt Andrea Knobloch und Markus Ambach für die Initiative zu diesem Symposion und fragt nach den Vorstellungen und Zielen der Initiative.

Markus Ambach lokalisiert daraufhin ein Hauptproblem der momentanen Situation in der Steuerung öffentlicher Kunstprojekte durch die Ämter, die als Verwaltungsapparat nicht über kompetente, fachkundige Gremien verfügen und ohne solche zu befragen oft eigenmächtig entscheiden, wobei sie sich selbst untereinander nur unzureichend austauschen. Er stellt den dringenden Bedarf für ein kompetentes, ämtertunabhängig arbeitendes Fachgremium fest, das entgegen momentan praktizierten, diffusen und undurchsichtigen Entscheidungsfindungsprozessen sowohl Transparenz, strukturellen Überblick, Unabhängigkeit wie auch reine Fachkompetenz in den Vordergrund stellt.

Markus Ambach bringt daraufhin die Forderung einer Kunstkommission für Düsseldorf nach Münchner Vorbild ein. Besonderer Wert wird dabei von ihm sowohl auf die ämterübergreifende Kompetenz eines solchen Gremiums gelegt, auf seine direkte Entscheidungsfähigkeit sowie auf seine Unabhängigkeit vom Ämterapparat und eine 50prozentige KünstlerInnenbeteiligung. Er betont, dass KünstlerInnen, anstatt nach Gusto dann und wann zu Entscheidungen hinzugebeten zu werden, von der Stadt als Fachkompetenz nicht nur ernst ,sondern auch in die Verantwortung genommen werden müssen, was ein solches Gremium garantiert. Dazu gehört auch, dass die KünstlerInnenschaft ihre Mitglieder in der Kommission selbst bestimmt.

Rita Kersting betont in ihrer Einschätzung ebenfalls die Notwendigkeit einer einschneidenden Veränderung. Sie verweist darauf, dass sich das große Potential international aktiver Künstler in Düsseldorf im öffentlichen Raum nicht abbildet und es völlig an einer internationalen Offenheit dieses Kunstsegments fehlt. Um seinem Ruf als internationaler Kunststadt gerecht zu werden und sich aus der Provinzialität momentaner Prägung zu verabschieden fehle es an einer ausgewogenen Konzeption, die ein Gleichgewicht zwischen rennomierten, internationalen Künstlern und lokalen Schwerpunkten vermittelt. Sie hält eine Kommission nach Münchner Modell durchaus für ein adäquates Mittel, um solch eine Aufgabe anzugehen.

Bogomir Ecker erteilt nun Gisela Fuchs das Wort, die in ihrer Funktion als Kunstbeiratsvorsitzende nach ihrer Einschätzung der Situation befragt wird. Sie bestätigt aus ihrer Sicht die desolate Situation öffentlicher Kunst in Düsseldorf, die am Morgen von Andrea Knobloch nochmals anschaulich vorgestellt worden sei. Auch ergäbe sich aus der am Tage skizzierten Situation dringender Handlungsbedarf, da eine positive Umlenkung der momentanen Entwicklung anhand bestehender Strukturen kaum zu erwarten sei. Sie habe schon vor Jahren eine solche Vorgehensweise angemahnt, die allerdings wenig Gehör fand und begrüße die jetzige Initiative von Markus Ambach und Andrea Knobloch, speziell auch das Münchner Vorbild, sehr.

Dr. Heinz Schütz verweist, gefragt nach der Arbeit der Münchner Kunstkommission, zu Anfang seines Kommentars darauf, dass auch eine Kunstkommission, wie sie in München seit ca. 17 Jahren besteht und die er nun für 3 Jahre leitete, nicht die optimale Lösung sei. Dass demokratische Prozesse und Auswahljurierungen, die auf Mehrheitsbildung beruhen, oft eine Verflachung des Niveaus und eine Reduktion komplexer Dinge auf das Substrat eines gemeinsamen Nenners bedeuten, stehe außer Frage. Er betont jedoch pragmatisch den Umstand, dass es momentan zur Arbeit einer solchen Kommission, deren Arbeitsqualität in keinem Vergleich zu einer Praxis steht, in der die Ämter selbst die Belange der Kunst im öffentlichen Raum regeln, kaum Alternativen gäbe. Grundsätzlich stellt er fest, dass solche Entscheidungen keinesfalls in Ämterhand gehören, warum in der Münchner Kommission diese auch nicht vertreten sind, wenn auch Wert auf eine gute Zusammenarbeit gelegt wird. Er unterstreicht die Notwendigkeit einer Künstlerbeteiligung, da diese als Fachkompetenz in einer Stadt unersetzlich seien.

Herr Grosse- Brockhoff, der als Kulturdezernent nun nach seiner Stellungnahme gefragt wird, stimmt generell zu, dass der Status Quo der Kunst im öffentlichen Raum in Düsseldorf keinen zufrieden stellen kann und bestätigt hier Handlungsbedarf. Er stellt mit Verwunderung fest, dass die Künstlerschaft bis Dato diese Situation hingenommen hat, wobei er für sich als Kulturdezernent hier zunächst keinen eigenen Handlungsbedarf sah. Er lokalisiert ein Hauptproblem ebenfalls bei den Ämtern, mehr aber bei der schlechten, ämterinternen Kommunikation. Generell habe er gegenüber den Kollegen immer die Notwendigkeit betont, Künstler in den Entscheidungsfindungsprozess zu integrieren. Speziell gäbe es aber auf diesem Sektor nun einige positive Bewegungen, die besser geeignet wären als die vorgeschlagene Kommission, da sie noch viel früher in Planungsprozesse eingreifen könnten als eine Kunstkommission. Hier führt er den Wettbewerb Wehrhahnlinie an, der vom Kulturamt und dem Amt für Verkehrsmanagement beispielhaft durchgeführt worden sei, speziell weil hier die Zusammenarbeit von Künstlern und Architekten von Anfang an gefordert gewesen sei.

Hier unterbricht Bogomir Ecker, der selbst am Wettbewerb beteiligt war und bemängelt, daß die Architekten, die sich in diesem Falle die Künstler aussuchen konnten, teilweise - wie bei ihm der Fall - erst an die Künstler gewendet hätten, nachdem sie ihren architektonischen Entwurf beendet hatten.

Markus Ambach, der auch an diesem Wettbewerb beteiligt war, ergänzt die Kritik durch den Hinweis, daß bei diesem anscheinend gleichberechtigten Wettbewerb zwischen Architekten und Künstlern im Entscheidungsgremium KünstlerInnen gar nicht vertreten waren, geschweige denn sonstige Kunstsachverständige. Es bestand lediglich aus Architekten und Vertretern der Ämter.
Ein Vorstoß wäre es seiner Meinung nach nur gewesen, wenn man einmal die Künstler die Architekten hätte aussuchen lassen, wie es in München durch die Kunstkommission schon veranlasst wurde.

Heinz Schütz wirft ein, dass keiner so früh in das Geschehen eingreifen könne, wie die Kommission. In der Münchner Arbeitspraxis, wo die Kommission im Baureferat angesiedelt ist, müssen die Ämter, sobald ein Bauvorhaben angedacht wird, die Kommission verständigen. Sie wird so früh damit befasst, daß sie zunächst über die Vorgehensweise überhaupt befindet, bevor konkret Wettbewerbe veranstaltet werden.

So hat sie nicht nur die Möglichkeit, konventionelle Kunst am Bau- Projekte zu realisieren, sondern neue Konzepte für öffentliche Kunst zu erarbeiten und umzusetzen. Er verweist hier beispielhaft auf die‚ kunstprojekte_riem', ein Projekt mit temporären Interventionen im soziopolitischen Umfeld einer umfangreichen Stadterweiterung und auf den angesprochenen Wettbewerb, in dem KünstlerInnen sich Architekten zur Zusammenarbeit aussuchen konnten.

Herr Grosse- Brockhoff lenkt ein und bekundet seine Bewunderung für die Arbeit der Münchner Kommission, die er schon seit Jahren verfolge. Er bestätigt, daß er prinzipiell nicht gegen ein solches Gremium sei, wenn er auch kleinere Probleme bei der Zusammensetzung habe. Im Übrigen verfüge Düsseldorf ja über ein solches Fachgremium in Form des Beirats für Bildende Kunst (Kunstbeirat), in dem seines Wissens mehrheitlich auch KünstlerInnen beteiligt seien.

Dem wiederspricht Frau Fuchs, die ihreszeichens Vorsitzende dieses Kunstbeirats ist. Erstens betont sie, dass unter zahlreichen Mitgliedern lediglich 2 KünstlerInnen vertreten sind, die sich neben Galeristen, ÄmtervertreterInnen, VertreterInnen der Kulturinstitute etc. im Beirat eine äusserst dürftige Position teilen, da der Beirat keinerlei Entscheidungsbefugnisse hat, lediglich über die Verteilung minimaler Budgets für Kleinprojekte und Atelierförderung entscheidet und bei wichtigen Entscheidungen oft von den Ämtern noch nicht einmal zu Rate gezogen wird. Gerade deshalb wäre der Vergleich mit der angestrebten Kunstkommission hier vollkommen unangebracht. Auf die Frage, wie sich die Einrichtung einer solchen Kommission auf den Beirat auswirken würde entgegnet sie, daß sie hier keine wesentlichen Überschneidungen sieht und sich vorstellen könnte, dass sich der Beirat in verkleinerter Form weiterhin um Dinge wie Projekt- und Atelierförderung kümmert.

Herr Grosse- Brockhoff problematisiert die 50-prozentige KünstlerInnenbeteiligung und wirft die Frage ein, warum die Kommission im Wesentlichen mit diesen besetzt werden sollte, wo es doch auch die Vertreter der Kulturinstitute und die Galeristen als Fachkompetenz gäbe.

Rita Kersting hebt als Vertreterin des Kunstvereins ihr Vertrauen in die Kompetenz der KünstlerInnen hervor und bedeutet, dass eine Ausdehnung des Einflusses der Institutionen über den in der Kommission ja vorgesehenen Platz des Kunsttheoretikers/theoretikerin hinaus nicht angezeigt wäre.

Markus Ambach verweist als Begründung des KünstlerInnenschwerpunkts auf die einfache Tatsache, dass letztendlich die KünstlerInnen für ihr Werk gegenüber der Öffentlichkeit mit ihrem Namen verantwortlich zeichnen, wobei die Wege und Unwegsamkeiten in Entstehungs- und Entscheidungsfindungsprozessen, die sich durchaus auf Qualität und Konsequenz der Arbeit auswirken können, schnell in Vergessenheit geraten. Insofern stände ihnen eindeutig eine konzentrierte Gestaltungsmöglichkeit innerhalb dieser Prozesse zu.

Heinz Schütz betont, dass die Vervielfältigung der ohnehin gegebenen Machtstrukturen und Hierarchien durch die Einbeziehung von KulturinstitutionsvertreterInnen sowie von GaleristInnen wie auch AmtsvertreterInnen in einer solchen Kommission absolut kontraproduktiv sei und dass er davon gar nichts halte. Die Konzentration auf fachkompetente Arbeit sei im Wesentlichen durch unabhängige Fachleute gegeben.

Ohnehin müsse in solch einer Kommission beständig mit Bedacht dem Missbrauch durch persönliche Machtentfaltung oder Familienwirtschaft vorgebeugt werden, was in München sowohl durch das Auswechseln der Kommission in einem Turnus von 3 Jahren geschieht wie auch dadurch, dass Mitglieder der Kommission während dieser Zeit von der Berücksichtigung bei städtischen Aufträgen ausgenommen sind. Eine solche Kommission stelle auch in sozialer Hinsicht eine Herausforderung an die ehrenamtlich arbeitenden Beteiligten dar. Er bestätigt, dass man die Tendenzen zur persönlichen Einflussnahme zugunsten einer objektiven Beurteilung weitgehend im Griff habe, was letztendlich auch durch eine von ihm forcierte Öffentlichkeitsarbeit geleistet würde. Die Transparenz, die in den letzten Jahren z. Bsp. durch eine website namens "quivid", auf der man alle aktuellen Projekte, Vorschläge und Wettbewerbe der Kommission explizit verfolgen kann, hergestellt wurde, sei von entscheidender Bedeutung.

Frau Fuchs bestätigt, dass ein mit allen Gruppen der kulturellen Produktion besetztes Gremium wie das ihre zu solch einer dezidierten, konzentrierten Facharbeit im Wesentlichen nicht geeignet erscheint und begrüßt ausdrücklich den Wunsch der KünstlerInnen nach Übernahme von Verantwortung in Form einer solchen Kommission. Die 50-prozentige KünstlerInnenbeteiligung und das Aussenvorbleiben von Amtsvertretern ist für sie dabei von entscheidender Bedeutung.

Herr Grosse- Brockhoff lenkt wiederum ein und erklärt sich im Wesentlichen bereit, ein Gremium in dieser Richtung voranzubringen. Er verweist darauf, dass er trotz kleinerer Dissense keine Probleme sieht, auf der Basis des vorgeschlagenen Konzepts zusammenzukommen und sich zu einigen. Als wichtigste Aufgabe sieht er allerdings die Überzeugungsarbeit, die nun von ihm bei seinen Kollegen der anderen Ämter zu leisten sei, um sie mit ins Boot zu holen.

Konsens besteht darüber, daß eine solche Kommission auch drängende Problemzonen wie z. Bsp. Schenkungen oder privatwirtschaftliche Initiativen (Thema "Radschläger"), die den öffentlichen Raum unkontrolliert anzufüllen drohen, gezielter und kritischer begegnen kann, nicht nur da sie, wie Markus Ambach anfügt, gegenüber Investoren keine Verpflichtungen hat, die wie bei der Stadt zu Interessenskonflikten führen könnten.

Bogomir Ecker fordert nun eine Konkretisierung in Ziel und Zeitplan.

Frau Fuchs schlägt vor, bei der nächsten Kunstbeiratssitzung das Thema unter Hinzuziehung von A.Knobloch und M.Ambach sowie des Planungsamtsleiters zu erörtern und die Kommission auf den Weg zu bringen.

Herr Grosse- Brockhoff sagt zu, den Vorschlag zu einer solchen Kommission orientiert am vorgestellten Modell bis noch vor Weihnachten 2002 im Stadtrat einzubringen. Er verspricht auf Drängen auch, bei der weiteren Entwicklung mit den Initiatoren zusammenzuarbeiten und für mehr Transparenz innerhalb dieser Prozesse zu sorgen, um zu einem neuen Arbeitsverhältnis zu kommen, das auf Öffentlichkeit und Transparenz gegründet ist.

In der folgenden Diskussion mit dem Publikum werden im wesentlichen weitere Fragen der Strukturierung der Kommission thematisiert, Wahlverfahren seitens der beteiligten Gruppen besprochen und andere Problemzonen zur Beachtung aufgezeigt.

Es wird beschlossen, in einer weiteren Runde Ende des Jahres die Ergebnisse der städtischen Arbeit an der Kommission zu diskutieren.



Zusammenfassung: Markus Ambach

 

www.stadtraum.org