"Skulptur ohne Eigenschaften - die Vermarktung
des Öffentlichen"
Dr. Friedrich Meschede, Berlin
Dr. Friedrich Meschede ist z. Z. Referent des internationalen Künstlerprogramms
des DAAD, Berlin, war u. a. Direktor des Kunstvereins Münster und Mitarbeiter
der Skulpturenprojekte Münster
Eine Zusammenfassung
Friedrich Meschede reflektiert in
seinem diagestützten Vortrag auf den Verformungsprozess künstlerischer Produktion
im öffentlichen und privatwirtschaftlichen Zugriff.
Eingeleitet durch
einen Bericht der Verschiebungen und Verzerrungen, denen Kunst in öffentlichen
Räumen u.a. durch Kontextveränderung und gestalterische Eingriffe der öffentlichen
Hand ausgesetzt ist (Beispiele aus Münster, u.a. Stefan Balkenhol, Thomas Schütte)
beschreibt er im Folgenden die Verlagerung künstlerischer Produktion in den öffentlichen
Raum nicht wie gemeinhin angenommen als Öffnung und Kontextualisierung im Dialog
mit Umfeld und Architektur, sondern im Gegenteil als Formulierung und Festschreibung
ihrer Autonomie als Isolation und Auslagerung auch aus jeglichem architektonischen
Bezug. Bildhaft wird diese moderne Inszenierung als Isolation im Schatten der
Halböffentlichkeit in Mies van der Rohes Barcelona- Pavillon, wo Georg Kolbes
Plastik in einem dem Kontext entzogenen, isolierten Raum selbst auf der sie umschliessenden,
spiegelglatten Oberfläche der Architektur nurmehr zurückgewiesen wird, um sich
einzig selbstreferentiell auf dieser bespiegeln zu können.
Diese Isolation
schreibt sich, anschaulich am Beispiel einer weiteren Balkenhol- Plastik, analog
fort in den halböffentlichen Räumen der Banken, Shopping- Malls und Privatwirtschaft,
die sich mehr und mehr nicht nur des öffentlichen Terrains bemächtigen, sondern
deren agressiver Übergriff auf einmal erworbenes Gut (hier die künstlerischen
Arbeiten) mehr als groteske Züge annimmt: paradigmatisch führt F. Meschede die
allweihnachtliche Verwandlung einer der Dekorationswut seiner Eigner zum Opfer
gefallenen Großplastik von J. Chamberlain in einer Berliner Shopping-Mall vor,
die sich nach anfangs zaghaften Annäherungsversuchen seitens der Dekorateure alsbald
gleich einem gigantischen Geschenkpaket präsentiert, um im Jahr darauf schließlich
vollkommen hinter Dekomaterial zu verschwinden und als monumentaler Weihnachtskalender
bekleidet den tragikomischen Ausgang einer fragwürdigen Allianz zwischen Kunst,
Wirtschaft und Öffentlichkeit zu markieren.
Der Mahnung gegen die Gutgläubigkeit,
die dem Hinweis auf den grenzenlosen Einfallsreichtum rein wirtschaftlich gesteuerter
Übergriffe innewohnt, folgt die Forderung an die Künstler, sich pragmatisch, sprich
rechtlich- vertraglich gegen solche Übergriffe zu verwehren, da auch die öffentliche
Hand hier nicht gerade mehr Feinfühligkeit beweist, wie ein letztes, trauriges
Beispiel aus Berlin demonstriert: Micha Ullmanns Plastik zum Gedenken an die Bücherverbrennung
am Bebel- Platz in Berlin wird mit den privatwirtschaftlichen Interessen eines
Parkhausneubaus im Herzen Berlins konfrontiert, für dessen Wegbereitung die Stadt
selbst verantwortlich zeichnet, die selbst auch Eigner der Arbeit ist, die nun
vorrausichtlich weichen muß.
Zusammenfassung: Markus Ambach